Jürgen Spalinger verlässt die Speaker-Bühne beim TV Möhlin

Am letzten Heimspiel Mitte April, gegen den BSV Stans, wurde Jürgen Spalinger als Hallenspeaker verabschiedet. Fast zwei Jahrzehnte lang, nämlich 17 Saisons, war das Mikro und er eins und hat er mehr als 1000 Spiele begleitet. Selbstredend spricht Spalinger von einer Pause in den Steinlihallen, denn noch hilft er bei anderen Vereinen aus.

Der Blick auf die Anfangszeit
Jürgen Spalinger hat zahlreiche und legendäre Handballspiele am Mikrofon begleitet. Zu Beginn, 2006, war Kai Wetzel Trainer beim TV Möhlin und die Gebrüder Michi und Daniel Vogel (Pizza) prägten die Mannschaft. Michael Schäfer alias «Schäfi» war DJ. Er erinnert sich gern an Adi Amsler, Florim Haximusa, Frederico Lampe, die Brüder Kern und Schmid, an Igor Deric, Premtim Zeqaj, Beat Jäger, Bruno Stadelmann und natürlich an Sandro Soder. Später sind weitere Spieler-Persönlichkeiten dazugekommen: Sandro Strübin, Faris Ahmetasevic, Marcus Hock, Alexander Milovanovic, Tobias Stalder, Tin Tokic, Michael Schröder, Martin Burri usw. Vor seiner Moderationstätigkeit war Spalinger begeisterter Zuschauer und Fan. Irgendwann half er beim Bierausschank und als eines Tages kein Speaker vor Ort war, hat ihn Paul Hürbin überredet, einzuspringen. «Robi Soder hat mir alles erklärt», erzählt Jürgen mit einem Schmunzeln. Die Affinität zum Reden war da, denn Jürgen hat als Kind die Spiele des EHC Biel-Bienne besucht und die Stimme des Hallenspeakers in bester Erinnerung behalten. Das Ganze sei dann gut gelaufen und er in diese Funktion gewählt worden. Im Hintergrund hatte er danach Ruedi Hasler, ehemaliger Nati-Spieler und Teamstütze, der ihm mit Rat und Tat zur Seite stand und auch kritische Feedbacks gab. «Viele lobten mich, nur Ruedi hat mir knallhart gesagt, was rhetorisch zu ändern ist und diese Kritik hat mich weitergebracht. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar.»

Herausforderung «Hallen-Akustik»
Die Lautstärke der Musik und der Ansagen erreichen bei manchen Zuschauern gesundheitsgefährdende Ausmasse, um es mal überspitzt zu sagen, andererseits muss der Speaker für Stimmung sorgen und für eine gute Akustik wäre er auch noch verantwortlich. Jürgen meint dazu: «Wir haben das Problem mit der Lautstärke. Das ist ein ganz heikles Thema und da werde ich immer wieder darauf angesprochen. Da gibt es Zielkonflikte. Die Spieler wollen immer lauter und vor allem ältere Zuschauer lieber leiser. Dann haben wir Hallen, die nicht optimal auf die Schallproblematik ausgerichtet sind. Das neue Steinli ist eine von denen mit einer schlechten Raumakustik. Oben tönt es extrem laut und unten hörst du nichts. Wenn ich dann oben ausschalte, hören sie aber gar nichts. Da habe ich noch keine Lösung gefunden.»

Berührende und bleibende Momente
Am meisten Freude machen mir die leuchtenden Augen der Junioren, wenn ich sie am Mikro begleite. Da erkennt man ihren Stolz, dazustehen und mit Namen vorgestellt zu werden, wie die ganz Grossen. Das motiviert mich auch, weiterhin für die HSG Nordwest da zu sein! - Mit der ersten Mannschaft gibt es zwei Spiele, die ich nie vergessen werde: Eines ist das Meisterschaftsspiel in der 1. Liga gegen Altdorf, damals haben die Fricktaler Fans eine Top-Choreografie auf die Beine gestellt mit Transparenten wie: «Heute gibt es gespickten Urner Munibraten...» und das ganze Ambiente mit Ballonen und Fahnen aufgepeppt. Und dann natürlich das entscheidende Spiel im Steinli um den Aufstieg in die NLB gegen Kreuzlingen, als die Halle B sich in einen kochenden Hexenkessel verwandelt hat.

Nationale und internationale Highlights
«Mit der Nationalmannschaft waren es der Final des Yellow Cups gegen Brasilien und dieses Jahr gegen die Nati von Kap Verde. Da hatte ich im Hotel unterhaltsame Gespräche mit den Spielern und das Schöne daran, die Kontakte bestehen heute noch über die sozialen Netzwerke. Ich habe signierte Trikots oder Wimpel von Deutschland, Österreich, Holland, Spanien, Tschechien, Ukraine, Frankreich und Ungarn», erzählt Spalinger und verhehlt nicht, dass ihm Lukas Herburger von den Kadetten und Nati-Spieler von Österreich, noch sein Nati-Trikot versprochen hat. In seinen privaten Räumen kann man unzählige Erinnerungsstücke, die regionale und internationale Handballhistorie verkörpern, bewundern. Randnotiz: Jürgen Spalinger verbindet als einziger das Gesamtpaket Speaker und DJ auf Länderspiel-Niveau.

Bei Wacker Thun NLA
Ein weiteres Kapitel ist die Geschichte mit Wacker Thun, wo der Möhliner Speaker ein fester Bestandteil des Kommentatoren-Teams ist. Kürzlich an den Playoffs hat er den ganzen Abend moderiert, animiert und die Verabschiedungen begleitet. Das volle Programm eben. «Die grösste Wertschätzung bei Wacker Thun habe ich erhalten, als mich die erste Mannschaft eingeladen hat, diese am Europacup zu begleiten. Ich war Teil des Staff in Barcelona und Helsinki. Der damalige Trainer Martin Rubin hat mich gefragt, ob ich an den Tecnical Meetings teilnehmen möchte, aber weil ich keine Funktion hatte, zögerte ich, da erklärte mir Rubin: Du bist ab sofort unser Senior-Vize-Präsident und damit berechtigt daran teilzunehmen.»

Bei der Airport Trophy und beim RTV Basel (NLA)
Das Vierländerturnier für die Nachwuchs-Auswahlteams findet jeweils im Juni in Kloten statt. Der abtretende Speaker sagt dazu: «Dann kommt ja noch die Airport Trophy, da bin ich seit sieben Jahren dabei und sie nennen mich nur noch ihre Stimme. Die bemühen sich sehr um mich und verwöhnen mich alle drei Tage mit Verpflegung und Getränken. Dann wäre da noch der RTV Basel. Der aktuelle Präsident Sven Lüdin, welcher in den 80-iger und 90-iger Jahren für den TV Möhlin gespielt hat, hat mich vor zwei Jahren angefragt und seitdem moderiere ich auch dort. Mit der Mannschaft und dem Staff verbindet mich viel und sie betonen auch immer wieder, dass sie anders spielen, wenn ich am Mikrofon sitze.»

Kreativ und viele Ideen für den Handballverein TV Möhlin
Pool-Partys, Grillen am Rhein, Bootsfahrten, Videos produziert und einen Song mit Baschi realisiert und gesponsert, viele Dinge hat Jürgen Spalinger für die erste Mannschaft und den Verein ins Leben gerufen und mit Kreativität und Eigenmitteln umgesetzt. Auf seine Initiative hin entstand auch der Melina-Talk, wo ausgewählte Gäste nach dem NLB-Spiel im Foyer der Steinlihalle Red und Antwort standen. Nun will er einen grossen Schritt zurücktreten beim TV Möhlin, eine längere Auszeit anhängen. Langweilig wird ihm nicht, wie auch, die nächste Aufgabe steht bevor: Der Schweizerische Handballverband hat ihn für die Cup-Finals vom 6. Mai 2023 in Bern aufgeboten. Dass sein Herz aber weiterhin beim TV Möhlin hängt, hat er bei der Verabschiedung am Samstag bekräftigt.

Lieber Jürgen, für deine riesengrosse Unterstützung in den letzten Jahren bei so manch wichtigen Spielen in der NLB, der 1. Liga, dem Zwöi, den Damen und dem Nachwuchs, danken wir dir von ganzem Herzen. Du hast mit deiner Stimme Volumen und Emotionen in die Hallen gebracht, du hast viele brenzlige Situationen professionell aufgefangen und hast Songs zum Abkühlen und zum Aufwärmen abgespielt. Wir gönnen dir dein Timeout, um im Handball-Jargon zu bleiben und wünschen dir alles Gute!

Christine Steck

Legende Bild: Jürgen Spalinger mit dem Speaker Petteri Kiviaho vom HC Cocks in Helsinki, 2018.

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